Grübler Yitu hat mir hier (in den Kommentaren) ein kleines Stöckchen zugeworfen (dafür nochmal Danke
), auf welches ich nun ein wenig eingehen möchte:
Wirtschaft geht uns alle an!
Darum heute eine neue Glosse zu dem Thema. Kann auch gern als Blog-Stöckchen verstanden werden...
und
Warum gibt es heute in MMOs solche Probleme mit der Wirtschaft? Nun, fangen wir mit der beschränkten Sicht eines MMO-Spielers bei World of Warcraft an:
WoW: Gold, Gold, Gold
Anno 2005 kamen wir alle zum Raid. Und ab dem Zeitpunkt waren Repkosten ein Thema für manche Spieler. Erinnert Ihr Euch noch an das Gejammer mancher Spieler im TS2 zum Thema Rep-Kosten? "Ich habe keine Zeit zu Farmen..."
Angebot und Nachfrage: Spieler wollten Gold für den Raid. Die Fläschchen, das Buff-Food - Raiden "kostete" Spielzeit für das Matssammeln - oder man ging ins AH und kaufte die Sachen. Doch woher das Gold für´s kaufen nehmen? Die Nachfrage nach "Gold" war also dar. Und der China-Farmer hatte einen Job.
Nun ist die Spielwelt von WoW ohne einen Wirtschaftskreislauf. Es kam mehr Gold ins Spiel. Viel mehr GOLD!
Und der arme Casual-Spieler wunderte sich... und Blizzard auch... und dann... jaja, Bot-Farmer und China-Farmer wurden / waren verboten... dann kam Blizzard auf die Idee eine Inflationswelle einzuführen.
WoW: Tagesqueste
Durch die Tagesqueste waren wir alle - ALLE - unsere Geldsorgen entledigt. Nun hatten die Spieler in ein paar Spielminuten das Gold zum Raiden.
Yitu
Darauf folgte eine interessante Diskussion. Ich kann auch nur aus der „beschränkten“ Sicht als WoW-Spieler urteilen. Wenn ich an meine Anfangszeit mit meinen ersten Char und Main Aies zurück denke, da hatte ich schon teilweise Probleme, meine Rüstung zu reparieren oder neue Spells beim Trainer zu erlernen. Als meine Gilde Anfang 2006 einen Gildenwams erstellen wollte, wurde ich gebeten 1 Gold dazu beizutragen – mit Stufe 20 damals ein Husarenstück (um nicht unmöglich zu schreiben). Entsprechend lange habe ich dafür auch gebraucht, aber es war für mich wichtig, und verzichtete auf andere Ausgaben, die nicht zwingend wichtig waren. An das Auktionshaus war gar nicht zu denken, gabs eh nur (vorerst) in Eisenschmiede und war irgendwie suspekt. Suchte mir auf meinem weiteren Weg auf Stufe 60 sogar akribisch die Quests heraus, die viel Silber einbrachten. An Gold als Belohnung war noch lange nicht zu denken.
Heute mag es zig Tages-Q geben, aber ich halte es für übertrieben zu sagen, dass dadurch die Goldschwemme begann…
…ich habe zu BC-Zeiten meine 5000 Gold (+ Reittierkosten) fürs epische Fliegen noch vor Stufe 70 zusammen gehabt, ohne Tages-Q zu machen nur übers AH. Wobei ich schreiben muss, dass ich vergleichbar langsam gelevelt habe.
Ich denke auch das man durchs farmen heute noch genauso gut/ schnell Gold verdienen kann wie durch aktuelle Tages-Q. Wenn ich die benötigte Zeit für Tages-Q mit dem abfliegen und einsammeln von Erzen oder Kräutern in Eiskrone, Becken oder 1000W vergleiche, dürfte es in etwa aufs Gleiche hinauslaufen. Außerdem nicht zu vergessen: Gegen Ende Classic gab es mit Patch 1.10 für erledigte Quests Gold statt EP nichts. Erfahrung gibs ja mit Höchststufe nicht mehr. Auch ne Art von „Tages-Q“, wenn man so will.
Ich denke Tages-Q werden/ wurden ein wenig überbewertet. Ja sie sind beliebt, aber nicht unbedingt des Goldes wegen, sondern für Ruf der verschiedenen Fraktionen (in BC damit also auch für heroische Instanzenbesuche).
Am Ende wurde aus der Seelengebundenen-Währung eine Account-Währung. Was für ein Aufwand... Und viele MMOs folgen wie die Lemminge diesem Weg. Anstatt eine vernünftige Wirtschaft zu "Designen" gibt es nun in jedem MMO (ausser EVE) solche seelengebundene Währungen.
Ist das ein Fortschritt?
Ich denke Nein.
Denn...
Früher konnte man einem Freund einfach ein paar Items geben und er konnte "mitspielen". Heute? Nö. Seelengebunden hier - Seelengebunden da.
Das wäre dann meine Frage als "Blog-Stöckchen". Wenn jemand Aufheben mag:
Damit wird doch das "soziale Schmiermittel" InGame-Geschenk unmöglich. Ist das nicht eine langfristige Ausrichtung auf MEHR ICH. Weniger WIR?
Es darf nicht vergessen werden, dass durch Seelengebundene Währung/ Ausrüstung/ Gegenstände ect. sehr effektiv gegen Goldverkäufer vorgegangen wurde. Ich sehe zumindest kaum noch Werbung oder Spamflüstereien im Channel. Blizzard hat dem weitestgehend ein Ende bereitet zu „Gunsten“ der Spieler, die sich heute alles kaufen können, selbst Casuals. Wobei ich klarstellen muss das ich schon immer Casual war und bis heute nie Goldsorgen hatte (abgesehen von meiner Anfangszeit), AH sei dank. Wobei ich auch nur wenig geraidet habe.
Also ich finde schon ein Fortschritt zum Wohle des Spiels. Wenn ich jemanden etwas schenken möchte, kann ich halt immer noch Gold verschenken, das kann (fast) jeder gut gebrauchen…
MEHR ICH. Weniger WIR?
Man liest ja immer wieder das grad WoW-Spieler egoistisch sind (Stichwort Markenruns). Aber wer in einer gut funktionierenden (oder kleineren) Gilde spielt, dürfte genug Unterstützung bekommen, wobei ich nur von meiner Erfahrung sprechen kann. Das Glück hat aber nicht jeder und so sind Zufallsgruppen über den Dungeonfinder anonym genug um halt egoistisch zu sein, mein Ding ist das jetzige Konzept mit den Markensystem eh nicht, es fördert für mich den Egoismus, deshalb halte ich mich davon auch fern. Das ist aber auch ein Fehler des Spieldesigns mit den heroischen Instanzen.
Letztendlich ist es in MMOs fast wie im richtigen Leben…
Yitu in den Kommentaren:
Soziale Kontakte? "Schenken als soziale Schmiere" gibt es wohl nicht mehr...
Soziale Kontakte? Es gibt viele Wege im Spiel dem nachzugehen, es müssen keine „Geschenke“ sein: Man kann auf würfeln verzichten (auch eine Form des Schenkens), bei Quests helfen, im Chat helfen (falls wer eine Frage stellt) und dergleichen mehr man muss nur auf die richtigen Mitspieler treffen, da gibt’s bei so vielen wie in WoW natürlich auch viele Ausfälle. Ich habe oft sehr gute Erfahrungen gemacht und helfe auch heute noch gerne wobei andersrum, bei Fragen im Chat nur noch selten. Früher habe ich eigentlich immer geantwortet und weitergeholfen, dass hat auch bei mir stark nachgelassen, zumindest bei Fremden. Bei befreundeten Spielern helfe ich nach wie vor gerne, da steht’s um den sozialen Kontakt noch sehr gut, wie es in einem MMO auch sein sollte.
Zusammenfassung
WoW und viele andere MMOs sind halt darauf ausgelegt, den Spieler mit Items zu verbessern. Lila Epics, alles andere ist (erstmal) unwichtig. Das erkennt man schon an den Spielinhalten, alles beschränkt sich auf das Ziel, bessere Ausrüstung zu bekommen. Crafting in WoW taugt auch nicht viel und wenn wirklich mal überragende nicht „seelengebundene“ Ausrüstung im AH zu finden sind (welche besser als die Belohnungen von Ruf-Fraktionen, Quests, Crafting, PvP oder normale Inis), werden sie völlig überteuert zum Kauf angeboten (1000+ Gold). Auch eine Art von Egoismus des Verkäufers. Würden wir aber wahrscheinlich alle so machen, es sei denn wir kennen Mitspieler, die das Item vielleicht brauchen können und würden es ihm „billiger“ übergeben?
Ich kann mich noch gut erinnern als beim Questen mit Mitte Stufe 40 im Hinterland das epische Unterweltband (hat damals Schattenschaden erhöht) bei einem Mob droppte, ich habs unserer Schattenpriesterin in der Gilde geschenkt (die es viel besser gebrauchen konnte als mein Paladin) die es sogar noch mit Stufe 60 trug. Ist vielleicht heute auch noch Gildenintern üblich, aber die Gildengemeinschaft(en) hat ja auch nachgelassen und schwer für neue Spieler in Gilden „Fuß“ zu fassen…
…und weniger nötig. Denn WoW ist sehr Solospieler-Freundlich, und auch das fördert sicherlich den Egoismus. Warum mit anderen Spielern zusammen arbeiten müssen, wenn es auch alleine geht?
Mein Fazit für WoW:
- Es gibt immer noch genug verkaufbare/ handelbare Items (teilweise Dropitems) wie Ausrüstung, Spaßitems (u.a. Händler in Dalaran), Mounts (vom Ingi) und Haustiere, die verschenkt werden kann.
- Es fehlen sehr gute herstellbare Items (egal ob seelengebunden oder nicht, sie stellen keine Alternative für andere Wege der Beschaffung (PvP, Instanzen) dar und sind dafür viel zu teuer. Außerdem sollten die Berufe wieder mehr und enger zusammenarbeiten müssen, wie in HdRO oder wie es in Classic einmal war.
- Sehr vieles im Spiel ist Solo erreichbar, zu viele Hilfsfunktionen (Ingame-Hilfen wie bei Quests) hindern den „sozialen“ Kontakt.
- Ich halte Blizzards Weg (mehr Seelengebunden) für den richtigen, da Goldverkäufer und Ingame-Spams massiv entgegen gewirkt wird.
- Millionen von Spielern sorgen halt für Wirbel, negatives findet schnell „Gehör“ und wird entsprechend in Foren/ Blogs diskutiert…
- Ingame-Wirtschaft schön und gut, und ja ich habe auch sehr vom AH profitiert, aber MMOs sind und sollen keine Wirtschaftssimulationen sein. Muss man als Vielspieler viel erfarmen und teuer verkaufen um dem Wenigspieler sein (weniges) Gold abzunehmen? Fördert das nicht den eigentlich untersagten Goldverkauf? Lieber den Wenigspieler die Möglichkeit geben ingame an bestimmten Items/ Zutaten zu kommen, auch wenn sie dafür länger brauchen. Wenigspieler können kaum etwas dafür das sie nicht so viel Zeit mit spielen verbringen können und bezahlen das Gleiche fürs Abo…
Dinge wie der Schwertgriff, hochstufige Ausrüstung oder Haustiere erzielen hohe Goldsummen als Einnahme.
- Mehr wir – weniger ich
Maßnahmen die das Zusammenspiel und Gruppenspiel fördern können:
Mehr Gruppencontent außerhalb von Instanzen, in AoC kann jede Zone auf heroisch gespielt werden, dafür müsste es dann allerdings auch mehr EP und bessere Belohnungen geben. Mehr Gildenfunktionen (kommen ja mit Cataclysm), Gildenburgen und auch Housing wäre eine tolle Funktion zur „sozialen“ Förderung. Mehr Möglichkeiten für Gruppen im PvP (z.B. Belagerungen), mehr diplomatische Möglichkeiten, Verknüpfungen der Berufe, evtl. Verknüpfung PvE-PvP?, PvE-Szenarien ähnlich den „Scharmützeln“ in HdRO mit anpassbarer Stufe und Spieleranzahl (z.B. 2-10 Spieler), neue Questkonzepte (Öffentliche Quests wie in WAR) und massig mehr kleinere Spielerevents (gern auch nur einmalige).
Die Kunst ist es, Gruppencontent leicht zugänglich zu machen, entsprechend zu belohnen und deren Inhalte klar, einfach und dennoch spaßig und kurzweilig zu gestalten. Auch der Dungeonfinder kann ein tolles Instrument der Gemeinschaft sein, auch wenn er des Öfteren das Gegenteil der sozialen Gemeinschaft aufzeigt. Dafür gebe ich habe den heroischen Instanzen und das Markenkonzept ein große Mitschuld…
Und hier noch 3 Kommentare aus der Diskussion, die ich aber so stehen lassen möchte, da viele Meinungen und Gedanken auf der eigenen Erfahrung basieren und es so sehr viele unterschiedliche Ansichten zum Thema gibt:
Fridericus aka Darkor:
Sind nicht die Spieler selber schuld an dieser Entwicklung?
Ich kann mich an meine WoW Zeit erinnern, wo der Aufstand in den Foren riesengroß war, daß sog. Noobs gute Ausrüstung bekommen. Dabei haben die sich ihre Punkte, z.b. für die Arenawaffen, über Monate zusammen gespart, während andere die nach ein paar Wochen hatten.
Dieser Neid der Spieler untereinander hat dann dazu geführt, daß Blizzard noch mehr darauf gesetzt hat, daß man sich Ausrüstung nur für diesen einen Char "erarbeiten" muß. Arbeit ist für mich schon ein Unwort in einem MMO.
Ich war ja in einer Gelegenheitsspielergilde und wir hätten gerne an weniger aktive Spieler Dinge weiter gegeben. Aber das ging nur bis zu einem bestimmten Punkt. Irgendwann war die Ausrüstung, die man über Berufe bekam entweder auch BoP oder nicht mehr gut genug.
Ich möchte nicht den Aufschrei in WoW hören, wenn da plötzlich Drops aus Raids für Gold kaufbar wären. Egal wie viel Gold es wäre, die Neiddebatte ginge furchtbar los.
Ich frage mich inzwischen in WoW, wozu es da noch Goldverkäufer gibt. Dafür bekommt man sowieso nichts mehr.
In Aion ist das z.B. anders. Da spielt Geld (Kinah) eine große Rolle, denn man kann eine sehr hochwertige Ausrüstung craften.
Es gibt zwar auch die Rüstungen für Abysspunkte und die Questbelohnungen und bestimmte Instanzdrops, aber sonst ist so gut wie alles handelbar.
Meine Frau ist die Händlerin in der Familie und spielt unsere MMOs als Handelssimulation. Daher weiß ich viel darüber, wie sowas funktioniert. Ich finde es immer wieder unglaublich, welche Wege sie findet, um an Geld zu kommen. Sie loggt ein und braucht erstmal eine Stunde, um ihre ganzen Geschäfte abzuwickeln und neue einzuleiten.
Ich denke, viele Spieler interessiert der wirtschaftliche Aspekt auch nicht und die Spielehersteller wollen die Masse der Spieler nicht damit belasten.
Ghanur:
Da sind nicht die Spieler schuld - da ist der Anbieter schuld, der Egoismus fördert und Gruppenspieler bestraft.
So ist er, der moderne US-Kapitalismus *fg*.
In Everquest (ja, damals, vor dem Krieg) gab es diese Diskussionen auch, aber irgendwie hatten es die High-End-Raider dann doch begriffen, dass wenn ein normaler Spieler zwei JAHRE nach ihnen ein Ziel erreicht, dies kein Angriff auf den ePenis der ProGamer ist. In der Zeit gab es ja bereits vier Erweiterungen an denen sie sich beweisen konnten...
Ok, bei WoW kommt ja alle zwei Jahre sowas wie eine Erweiterung... da sollte der Anbieter die Endgebiete nicht so schnell für alle zahlende Kunden öffnen oder einfach mehr Erweiterungen anbieten *fg*.
Ach, wenn deine Frau so gut handeln kann sollte sie vielleicht mal in EVE reinschauen - die reichsten Spieler sind die Händler *g*.
Nicht zu vergessen, der Char lernt auch wenn man offline ist.
Aion ist übrigens kurz vor dem Aus: die ersten Server werden zusammengelegt - bei NCSoft war dies bisher immer der erste Schritt zur Abschaltung.
Meine eigene Erfahrung mit Spielern ist folgende: wer bisher Spielkonsolen gespielt hat oder am PC so Action-Zeugs wie Diablo wird kaum zu einem Gruppenspieler - der bleibt ewig der Solospieler.
Diese Spieler wollen einloggen und sofort losprügeln - alles andere stört da nur.
Schlimm ist halt, dass jeder Anbieter meint, er müsse genau diese Zielgruppe haben - WoW-Kopie Nr. 3.765.998 - und wird scheitern. Der Kuchen ist verteilt.
Ghanur:
In EVE-Online gibt es eine funktionierende Wirtschaft.
90% aller Items werden von Spielern hergestellt, alle Items sind handelbar.
CCP gibt (inzwischen regelmäßig) Quartalsberichte der Wirtschaftsentwicklung heraus - deren Chef-Ökonom hat mehr Ahnung von Wirtschaft als unsere Regierung und Banker zusammen *fg*.
Der In-Game-Markt ist funktionsfähig, bis hin zu Marktmanipulationen durch Gerüchte und gezielte Kaufaktionen.