Drei Brüder.
Sie spielten regelmäßig das Brettspiel Herr der Ringe – Risiko.
Der Ältere war ein zurückhaltender Spieler, machte nur die nötigsten Angriffe und sicherte ansonsten seine Länder.
Der Mittlere war ein Stratege. Er spielte solche Spiele gerne und konnte Situationen und Strategien abschätzen, obwohl es immer noch die Würfel als Zufallselement gab.
Der Jüngere war ein Hitzkopf, seine Taktik basierte auf Kampf und Zerstörung des Gegners. Schließlich war das Spiel immer noch ein Kriegsspiel.
Aufgrund seiner Spielauffassung monierte er sich ständig über den Älteren bis hin zu aggressiven Wortbeschimpfungen über dessen Spielauffassung.
Dennoch schied der Jüngere meist als erster Spieler aus. Seine Spielweise war einfach nicht die Richtige…
Der Mittlere siegte sehr häufig. Seine Taktik war die Richtige und seine Spielweise eine gesunde Mischung aus Angriff und Verteidigung: Die Kunst war es, bestimmten Situationen richtig einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Auch ein Rückschritt konnte richtig sein, wenn es darauf zwei Fortschritte gab.
Keiner der Brüder änderte seine Spielweise weil er sie für die Richtige hielt. Und so ging, nach einigen Wortgefechten beim letzten Spiel, der Mittlere Bruder. Ich bin zwar oft der Sieger gewesen und ja es macht auch Spaß zu gewinnen, aber für mich standen das gemeinsame Spiel und das Zusammensein als Brüder im Vordergrund der Abende. Seitdem spielen wir nicht mehr dieses tolle Brettspiel…
Eigentlich kommen wir gut untereinander Zurecht, aber nicht in diesem Spiel. Und wir waren nur zu dritt…
Nun kommt da WoW. Tausende Spieler auf einen Server oder einem Realmpool, die unterschiedlicher nicht sein können, prallen da aufeinander. Auch diese Spieler haben alle ihre ganz eigene Auffassung und Sichtweise vom Spiel. Wie soll es da Blizzard allen Recht machen können?
Gar nicht!
Und genau hier widerspricht sich die Community leider selbst: Herausfordernde Instanzen mit spielerischen Anspruch aber dann auch bitte schnell zu spielen ohne nervige Unterbrechungen. Zeit ist schließlich kein Geld, sondern Marken. Und die will jeder möglichst schnell und/ oder einfach haben.
Ich als „Casual“ (böses Wort) sage gerne, WotLK ist das Beste WoW. Aber ist der Weg, den Blizzard zurzeit geht, auch der Richtige? Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dieses Markenkonzept anders (ich sage absichtlich nicht „besser“) zu gestalten. Klar es ist flexibel und wahrscheinlich auch fair, durch zahlreiche heroische Instanzen kann jeder schnell an seine benötigten Marken kommen. Blizzard stellt uns dieses Instrument schließlich zur Verfügung. Also hat jeder das Recht, diese Instanzen zu besuchen. Blizzard unterstützt diese Motivation (von Druck oder gar Sucht möchte ich nicht reden) der Spieler, so an immer besseren Items zu gelangen. So gibt es allerdings immer wieder Unmut und Ärger unter den Spielern. Das spielerische Niveau sinkt mit dem Anspruch der Instanzen.
Die Herausforderung setzt den Anspruch voraus.
Blizzard scheint gar nicht gewillt zu sein, anspruchvolle Instanzen anzubieten. Jeder soll mühelos an seine Marken kommen können. Jede heroische Instanz ist auf Farmstatus und Spieler, die nur aufhalten, sind nicht gerade willkommen. Aber mit genügend Zeit und Ehrgeiz (oder soll ich Dickefälligkeit schreiben?) sich durch diese Instanzen zu arbeiten, bekommen alle Spieler, die es wollen, irgendwann ihr T-Set.
Und was kommt dann? Raids. Und jetzt spiegelt sich der nächste Unmut und Ärger wieder, denn hier gibt es noch den Anspruch, gewisse Taktiken und Spielauffassung zu besitzen und diese auch umsetzen zu können. Die Ausrüstung der Spieler stimmt, der Rest leider bei vielen nicht mehr und so liest man immer wieder über unmotivierende Ereignisse oder halt Wipes, und was wohl am schlimmsten ist, schnelles Aufgeben der Gruppen bei Misserfolg. Wir Spieler sind schnelle Erfolge gewohnt, ein wenig Taktiken ausüben, absprechen und aufeinander hören sind vielleicht schon zu viel verlangt? In Classic gab es deutlich mehr Durchhaltevermögen. Aber das ganze Spiel war anders ausgelegt, so levelte man ja z.B. deutlich langsamer und die Instanzen dauerten deutlich länger und waren viel schwieriger. Ich behaupte, ohne die heutigen Heros in WotLK zu kennen: Sie sind im Vergleich einfacher als die Classic Endinstanzen der Stufe 60 (Scholo, Strat, Blackrockspitze und Düsterbruch). Von Überequip ist heute die Rede.
Es ist mühselig bis unmöglich, die heutige Situation mit Classic zu vergleichen. Die Toleranz und Geduld, spielerisches Niveau und die soziale Kompetenz sind sicherlich gesunken aber wessen Schuld ist das? Habe ich früher im /Allgemeinen fast immer geholfen oder auf Fragen geantwortet, lese ich heute kaum noch mit. Wem nicht geholfen wird, hilft auch selbst nicht mehr weiter. Das Durchschnittsalter sinkt, denn WoW ist ein Hype. Und jeder Trend wird meist von den jungen Spielern getragen. Aber sind es die „Kiddies“, die das soziale, das Menschliche haben sinken lassen?
WoW ist ein MMO und mittlerweile verlernen viele Spieler die Kernelemente eines MMOs und WoW ist nun mal sehr Einsteiger – Gelegenheitsspieler – und Solospielerfreundlich. Das zieht viele Kunden an, zahlende Kunden. Die natürlich auch gefüttert und gehalten werden wollen. Blizzard bietet das Umfeld und wir Spieler müssen es annehmen oder halt nicht.
Blizzard sollte mutiger werden und entsprechende alternative Möglichkeiten anbieten. Warum nicht wieder eine Instanz, wie Maraudon oder BRT in Classic. Instanzen die Stunden dauern mit vielen Quests, kleinen Events und alternativen Bossbegegnungen und Wege durch die Ini, die doch eine Instanz erst zu einem epischen Abenteuer machen. Einerseits will der Spieler schnell durchkommen, um an Marken zu kommen, anderseits sollen Anspruchsvolle Instanzen mit Herausforderungen her. Wo ist das Problem, beides anzubieten? Für letztere gibt es dann zusätzlich Belohnungen (oder halt Marken), müssten aber auch entsprechend ausgewählt werden. So ist gewährleistet, dass nur Spieler dabei sind, die da auch hin wollen.
Doch dieses Konzept würde vermutlich scheitern da der heutige Spieler zu „verwöhnt“ ist. Stellt euch einmal vor, solche Markenruns wie heute in den alten Classic-Instanzen. Statt Gundrak eben Gnomeregan. Völlig unmöglich. Eigentlich muss ich dankbar sein, wurden wir „Casuals“ doch noch zu BC-Zeiten gnadenlos beschimpft. „Vercasualisierung“ wurde vorgeworfen und jeglicher Anspruch wurde (angeblich) dem Spiel genommen, und die Casuals waren daran Schuld. Das wurde mit WotLK konsequent ausgebaut. Instanzen unter einer Stunde, in Classic undenkbar…
… heute wird nicht der Casual (der vermutlich mittlerweile den Hauptanteil der Spieler darstellt) sondern der soziale Umgang, das Niveau der Spieler, der Anspruch und die fehlende Herausforderung/ Schwierigkeit der Spielinhalte an den Pranger gestellt. Sicher nicht ganz zu unrecht. Blizzard hat mit WoW neue Standarts gesetzt und das Genre neu definiert. Aber sie sind auch knallharte Geschäftemacher und wollen mit ihrem Produkt viel Geld verdienen. Nicht das was der einzelne Spieler möchte, sondern was die Masse verlangt, wird ins Spiel gebracht und ausgebaut. Dieses Konzept geht auf. WoW ist das erfolgreichste MMO aller Zeiten und wird es noch Jahre bleiben. Ganz egal wie viele tausend Spieler unzufrieden sind oder aufhören wollen. Gespielt wird trotzdem.
Zu Classic-Zeiten sind unsere Gildenruns in den 5er Instanzen die schönsten Abende in WoW gewesen. Viele Stunden, teilweise Abende haben wir darin verbracht. Heute als Casual bin ich froh, dass die Instanzen kurz gehalten werden. So kann ich in den wenige Stunden in der Woche dennoch viel Story und dem Kernelement „Instanzen“ erleben, was in BC so nicht möglich gewesen wäre. Für mich, bzw. meine jetzige Situation, ist also WotLK das Beste WoW…
In Classic waren klarere Strukturen gegeben: Instanzen für die normalen Spieler, Raids für die ambitionierten Spieler mit ihren Gilden. Ein Zwischending stellten vielleicht die beiden 25er Raids ZG und AQ oder UBRS und Randomraids dar, die es auch kleineren Gilden ermöglichten zu raiden. Ehrgeizigere Spieler beworben sich halt in einer entsprechenden Raidgilde. Dieses Konzept fand ich eigentlich gut. Ich habe mich klar in einer Gruppe (5er Instanzen) wieder gefunden und nicht wie heute allerlei Möglichkeiten, ohne richtig abschätzen zu können, was für mich geeignet ist. So reicht es mir heute, jede Instanz einmal zu sehen und zu spielen (tolles Konzept von Blizzard, mit dem Dungeonfinder), denn diese sind ein Kernelement und erzählen natürlich auch ihren Teil der Story, außerdem weht hier (noch) nicht der raue Wind der Markenvielfalt (gogogo).
Blizzard sollte versuchen, es ausnahmslos allen Spielertypen Recht zu machen. Das geht nur, wenn jeder Spieler ein für sich klares, passendes und motivierendes Spielkonzept vorfindet und so unter Gleichgesinnten spielt, so gibt es auch weniger Streit, Missgunst und Unmut untereinander.
Unabhängig wie der Anspruch heute aussieht, sollte ein MMO alle Bereiche abdecken. Was es da noch alles für Möglichkeiten gibt, könnt ihr z.B. hier bei mir im Blog nachlesen. Ein neues „Markensystem“, welches „gute“ (gut im Sinne von Beherrschen der eigenen Klasse, mitdenken im Kampf) Spieler belohnt sollte eingeführt werden. Pre-Quest-Reihen, die eben besonderer Voraussetzungen dem Spieler abverlangen, sollten wieder eingeführt werden. Nicht wie in BC, wo Gilden oder Ruf grinden fast Pflicht gewesen sind, sondern Aufgaben die der Spieler mit ein wenig Geduld (dieses Merkmal scheint heute vielen WoW-Spieler zu fehlen), Charakterbeherrschung und Geschicklichkeit bestehen kann. Oder wieder Schlüssel für die Heros, den man bekommt, wenn genügend Erfahrungen in den normalen Versionen gesammelt worden. So kennt man wenigsten die Inis/ Bosse bereits, wenn man dann Hero geht. Also erst mit ein wenig Charakterbeherrschung und Wissen über die jeweiligen Instanzen könnten Zugang zu den Heros gewähren. Der Lanzenkampf beim Argentumturnier könnte eine solche Aufgabe widerspiegeln, abgesehen davon das dieser langweilig ist, setzt er nämlich genau eines voraus, was viele Spieler herbei schreien: Nur mit Übung und Geschicklichkeit und die richtige Taktik kann ein starker Gegner geschlagen werden…
In diesem Beitrag sind meine Gedanken zu einer aktuellen Situation in WoW beschrieben. Er soll nicht die verschiedenen Spieler und ihre Spielweisen verurteilen, sondern vielmehr zum Nachdenken anregen, welche Ziele man wie und warum verfolgt/ verfolgen möchte? Im Laufe der Zeit hat sich WoW verändert, doch sind es viele Veränderungen, die nicht immer schlecht gewesen sind. Denkt daran, dass laut Blizzard 50% der Spieler aus Classic noch heute dieses Spiel spielen. Und auch wir Spieler haben uns verändert…
Grüße Aies